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Sunday, 15. April 2007
Die Wurzeln des Antisemitismus in der Antike,im frühen Christentum,Heidentum und im Koran Teil I

Szenenbild aus dem Fim "Passion
Jesu Christi", (C) Matthias-Film


Christ und Nazi offenbar (k)ein Widerspruch im "Dritten Reich"!

Die Rolle der Kirchen im Nationalsozialismus stellt kein Ruhmesblatt dar.
Das katholische Zentrum ebnete Adolf Hitlers NSDAP den Weg zur Diktatur, indem
sie dem Ermächtigungsgesetz zustimmte und damit faktisch die Auflösung
des demokratischen Parlaments billigte. Von Papen, der letzte bedeutende Zentrumspolitiker,
verschätzte sich folgenschwer, indem er versuchte Hitler einzurahmen und
zu kontrollieren. Schließlich war von Papen nur noch eine Marionette und
konnte von Glück reden, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Die linienkonforme
Einheitskirche “Deutsche Christen” unterstützte die Nazis nach
deren Machtübernahme, die Bischöfe und Pfarrer hielten Hasspredigten
und rechtfertigten die Judenverfolgung nachdrücklich. Die Rolle des Papstes
ist ebenfalls höchst beunruhigend. Das Konkordat mit dem Vatikan machte
Hitler international salon- bzw. verhandlungsfähig und weichte somit die
internationale Isolation des Nazi-Regimes auf. Es existiert außerdem ein
Brief von Edith Stein an den Papst, in dem sie ihn ausdrücklich auf die
Verfolgung der Juden hinweist und ein Eingreifen der Kirche fordert (http://www.welt.de/data/2003/02/18/42899.html).

Trotz alledem oder gerade deswegen soll auch der vereinzelte - und auch der
organisierte - mutige christliche Widerstand nicht unerwähnt bleiben. Die
Mitglieder der Bekennenden Kirche stellten sich in der Barmer Theologischen
Erklärung offen gegen die Linienkonformität der Deutschen Christen
unter Reichsbischof Müller. Besonders hervorzuheben sind Martin Niemöller
und Dietrich Bonhoefer, der für seine Überzeugung ins KZ (mögliche
Verlinkung mit anderen Themen des Projekts) gebracht wurde und kurz vor der
Befreiung aufgrund Hitlers persönlichen Befehl hingerichtet wurde. Auch
in der katholischen Kirche regte sich Widerstand, wenngleich eher vereinzelt
und punktuell. Der Kardinal von Galen oder Pfarrer Delp sind auch der relativ
breiten Öffentlichkeit bekannt. Aber auch den vielen unbekannten, namenlosen
Pfarrern, die von der Kanzel gegen den Nationalsozialismus und für die
Menschlichkeit predigten, sollte man gedenken. Trotzdem erschien Nazi und Christ
oder Christ und Nazi nur wenigen Menschen als offensichtlicher Widerspruch.

Für Hitler und die Naziführung war Jesus und das Christentum eher
unwichtig. Man bezeichnete sich zwar als “gottgläubig”, die
Botschaft von Jesus enthielt aber einfach "zu viel" Nächstenliebe,
"zu viel" Mitleid mit den Schwachen und Hilflosen, um die eigene totalitäre
Gewaltherrschaft zu rechtfertigen. Dass Jesus als Jude geboren wurde und als
Jude gestorben ist, dürfte wohl ebenfalls zu dieser Haltung beigetragen
haben.

Das antisemitische Fundament

Viele Bischöfe und Kirchenpräsidenten folgten in ihrer Deklassierung
der Juden als "geborene Welt- und Reichsfeinde" dem Vorbild Martin
Luthers, der selbst antisemitische Schriften ("von den Juden und ihren
Lügen", "Sieben-Punkte-Anleitung zum Umgang mit den Juden")
verfasst hat, die seinen Hass auf die "Jesusmörder" deutlich
werden lassen. Luther konnte sich ohne weiteres auf die Heilige Schrift berufen,
besonders auf die Passionsgeschichte wie sie von den vier Aposteln Markus, Matthäus,
Lukas und Johannes aufgeschrieben wurde. Das älteste Evangelium, das Markusevangelium,
gilt unter Historikern noch als das akkurateste. Die anderen drei Evangelien,
besonders das Matthäusevangelium, übertreffen das Markusevangelium
in antijüdischer Polemik noch bei weitem. Exemplarisch möchte ich
in diesem Zusammenhang auf Mt 23, 34-36 und Mt 27, 23-26 hinweisen: “Da
antwortete das ganze Volk und sprach : Sein Blut komme über uns und unsere
Kinder” (Mt 27, 25). Bei Markus ist davon überhaupt keine Rede.
Wenn man solche polemischen Stellen als historische Fakten ohne kritische Prüfung
übernimmt, kann leicht ein verzerrtes, ein historisch verklärtes und
schlichtweg falsches "Judenbild" entstehen.

Die Passion Christi

Diese Geschichtsklitterung ist auch fast 60 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz
durch die Rote Armee noch nicht aus den Köpfen der Menschen verschwunden
wie Mel Gibsons mit bestialischer Brutalität verfilmte Passion Christi
"eindrucksvoll" zeigt. Der Hollywoodstar und christliche Fundamentalist
(ein "wiedergeborener Christ") übernimmt die Passionsgeschichte,
ohne etwas in Frage zu stellen, ohne den antisemitischen Überbau zu durchdringen
bzw. ohne die modernen historischen Erkenntnisse zu beachten. Er ignoriert sie,
wie man unterstellen muss, wissentlich.

Er lässt Jesus von “bösen”, klischeehaft dargestellten,
Juden festnehmen, vor dem "Hohen Rat" der Juden verhören und
in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verurteilen. Da der Hohe Rat aber kein Todesurteil
aussprechen kann, bringt man Jesus zum römischen Statthalter in Jerusalem
Pontius Pilatus. Dieser erklärt Jesus, dass die Pharisäer und das
jüdische Volk ihn zum Tode verurteilt sehen wollen: “dein eigenes
Volk hat dich zu mir gebracht”. Der Mob, die Menschenmenge vor Pilatus’
Residenz, will viel lieber den mehrfachen Mörder, den als gemeingefährlich
und geistesgestört dargestellten Barabbas, befreit sehen als Jesus Christus,
für den sie ohne Erbarmen den Tod am Kreuz fordern. Pilatus wird als nachdenklicher
Prokurator dargestellt, der nachdrücklich und wiederholt versucht Jesus
freizusprechen und ihm das Leben zu retten. “Ich erkenne keine Schuld
in diesem Mann”, wiederholt der Römer gleich mehrere Male vor dem
tobenden jüdischen Mob. Schließlich wird er aber von “den”
Juden regelrecht genötigt, Jesus ans Kreuz zu liefern. Er wäscht symbolisch
(nach jüdischem Brauch) seine Hände in Unschuld. "Deswegen ist
es er, der mich dir auslieferte, der die größere Sünde trägt",
sagt Jesus zu Pilatus in Gibsons Verfilmung.

Auf der vom "Bundesverlag" betriebenen Internetseite www.Jesus.de,
die besonders auch junge Menschen ansprechen soll, feiert eine ganze Reihe von
christlichen Künstlern den Film im Rahmen einer Interviewreihe. In diesen
Interviews liest man immer wieder Sätze wie "Wir als Christen wissen,
dass es ... die Juden waren, die Jesus aus Unwissenheit ans Kreuz genagelt haben."
oder "Muss für Juden nicht automatisch das Kreuz ein Ärgernis
sein?"

Folgenschwere Verdrehung der historischen Tatsachen

Diese Sicht auf die Ereignisse, die sich wohl 27 n. Chr. zutrugen, ist historisch
schlichtweg unhaltbar. Die “Endredakteure” des Neuen Testaments
haben Jesus nicht gekannt, noch nicht einmal zu seiner Zeit gelebt, sondern
haben über 100 Jahre später ihre Aufzeichnungen begonnen. Sie versahen
die mündlichen Überlieferungen mit einer gehörigen Portion dichterischer
Freiheit, die sie zum einen dazu nutzten, um die Botschaft von Jesus, wie damals
üblich, zu verstärken und zu untermauern (indem sie zum Beispiel Berichte
über Wunder hinzufügten) und zum anderen, um keine ernsthaften Probleme
mit den Römern zu bekommen. Die christlichen Gemeinden befanden sich zu
dieser Zeit nämlich gerade in einem schwierigen Abspaltungsprozess vom
Judentum und waren abhängig von der Gunst und Milde der Römer. Die
Juden boten sich deshalb als "Tätervolk", um den Nichtbegriff
von Martin Hohmann zu benutzen, geradezu an. Deswegen muss man den Aposteln
eine zwar historisch nachvollziehbare, aber folgenschwere Verdrehung der Tatsachen
vorwerfen: Der Prozess gegen Jesus vor dem Hohen Rat ist historisch mehr als
umstritten. Am Sabbat, an Feiertagen und am Vorabend aller Feiertage durften
nämlich überhaupt keine Gerichtsverhandlungen stattfinden. Angeblich
wurde der Prozess aber am Abend des Passahfestes durchgeführt. Bei Markus
und bei Matthäus heißt es außerdem, “alle” hätten
Jesus zum Tode verurteilt. Das war in der jüdischen Rechtspraxis überhaupt
nicht möglich, wie Dr. Heiner Geißler in seiner Schilderung des Prozesses
klarstellt. In Wirklichkeit war Pontius Pilatus ein gewissenloser Gewaltherrscher,
ein Machtpolitiker. Er scheute nicht davor zurück, hunderte von Juden ohne
Prozesse zu kreuzigen, wenn sie ihm als Aufrührer erschienen.

Und Pilatus hatte allen Grund Jesus für einen Aufrührer zu erachten.
Er war der Fürsprecher, der geistige Führer der armen, der einfachen
Leute. Jesus Botschaft ist, wie Heiner Geißler in seinem Buch erläutert,
sehr wohl in einem hohen Maße politisch. Jesus verkündete revolutionäre
Neuerungen, welche die Römer als Bedrohung für ihre Herrschaft ansahen.
Auch der Einwand, Jesus habe nie Gewalt angewandt, ist so nicht richtig. Die
Tempelreinigung war eine regelrechte Kriegserklärung gegen das jüdische
Etablissement in Jerusalem, das eng mit den Römern kollaborierte. Aus dieser
absoluten Minderheit, dieser Clique von 34 reichen Familien, die man als Saduzzäer
bezeichnet, setzten die Römer nämlich auch den Hohen Priester ein,
der im Tempel Handel und Geldgeschäfte zu seinen Gunsten erlaubte und damit
den "heiligen Zorn" von Jesus provozierte.

"Genauso wie wir nicht wegleugnen, dass Hitler Millionen von Juden vernichtete,
genauso wenig können Juden wegleugnen, dass sie Christus ans Kreuz genagelt
haben", schrieb der katholische Oberammergauer Report im Jahre 1970. An
diesem Satz halte ich rein formal schon für besonders fragwürdig,
dass zum einen von Hitler (einer einzelnen Person – der Schuld der Deutschen
wird dadurch keine Beachtung geschenkt) und dann allgemein pauschal von "Juden"
die Rede ist, ohne Unterscheidung, als ob Jesus von einem ganzen Volk, von einer
ganzen Religionsgemeinschaft ans Kreuz genagelt wurde, was schon rein bildlich
absolut lächerlich erscheint. Auch wenn man diesen Satz symbolisch sieht,
Jesus wurde nicht von Juden getötet. Er wurde von römischen Soldaten
hingerichtet, wie der Apostel Markus schildert. Er wurde nicht von den Pharisäern,
den frommen und friedlichen Schriftgelehrten, denen landläufig die Hauptschuld
an Jesus Tod gegeben wird, oder gar vom einfachen jüdischen Volk, dessen
Held er war, eines Aufruhrs oder gar der “Gotteslästerung”
bezichtigt, sondern von den Saduzzäern, die wie gesagt ihre Geschäfte
und ihren Einfluss von Jesus gefährdet sahen. Den Grund für Jesus
Todesstrafe schrieben die Römer auf eine Tafel, die sie oben am Kreuz befestigten.
Dort stand auf lateinisch(!) "Jesus von Nazareth, König der Juden".
Dies untermauert, dass Pilatus und die Römer wahrscheinlich Angst vor einer
jüdischen Volksbewegung hatten, die angeführt von Jesus, zuerst die
römerfreundlichen Saduzzäer aus dem Tempel spülen (der Anfang
war mit der Tempelreinigung gemacht) und dann die römische Macht in Frage
stellen würden.

Vor der nationalsozialistischen Machterschleichung im Januar 1933 fielen über
sieben Millionen Juden der antijüdischen Hetzkampagne der christlichen
Kirchen in Europa zum Opfer zum Beispiel in den Kreuzzügen. Auf ihrem Weg
nach Jerusalem löschten "chistliche" Kreuzritter regelmäßig
ganze jüdische Ghettos aus, auch in unserer Nähe entlang des Rheins.
Der Jude war ein gängiges Feindbild, das schon seit über 1900 Jahren
Bestand hatte. Was viele Menschen nicht wissen, der Judenstern war keine Erfindung
der Nazis, auch die Gesetze, welche die Juden von Handwerk und Gewerbe, von
Schulen und anderem öffentlichen Leben ausschlossen, waren schon vorher
da gewesen; obgleich die durchorganisierte, “industrielle” Massenvernichtung
(der "Holocaust"), die 1942 auf der Wannseekonferenz (Link zu Tobias)
endgültig besiegelt wurde, natürlich eine neue Dimension dieser abartigen
Perversion darstellte. Die Vorstellung vom “Kapitaljudentum” wurde
ebenfalls im Neuen Testament genährt. Judas verrät Jesus für
30 Silberlinge (nachzulesen zum Beispiel in Mt 26, 14-16). Die nationalsozialistische
Assoziation, dass ein Jude Menschen verkauft, war damit leicht auf den Weg gebracht.
Das Märchen von der "jüdischen Weltverschwörung" klang
gleich eindrucksvoller, wenn der psychologische Weg dafür bereitet war,
wenn man "wusste", dass die Juden schuld waren, schuld am Tod Jesu!
Ich bin davon überzeugt, dass die vier Apostel, wären sie sich der
schrecklichen Folgen ihrer wissentlich falschen Schuldzuweisung bewusst gewesen,
sicher darauf verzichtet und dem Antisemitismus so sein Fundament entzogen hätten.


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